STRAFEN ZÜNDEN NICHT…
…Fans in den Stadien schon, auf der ganzen Welt. Woche für Woche wird landauf, landab Pyrotechnik als Stilmittel verwendet. Das Ergebnis ist heute bzw. seit einigen Jahren fast überall das Gleiche. Medienvertreter überschlagen sich sowohl in der Live-Berichterstattung als auch in der Nachbereitung – egal ob TV, Radio oder Print. Immer wieder ist von „Randale“ oder „Chaoten“ zu lesen und es wird von „sogenannten Fans“ gesprochen, die das Bild vom ungetrübten Fußballfest aufs Spiel setzen. Doch wir wollen hier nicht zur x-ten Medienschelte ausholen; viel zu oft wurde die undifferenzierte Berichterstattung kritisiert, die Pyrotechnik allzu oft mit Gewalt gleichsetzt. Nein, wir wollen den Blick viel näher auf das Geschehen richten.
Vermutlich haben die meisten Leserinnen und Leser dieses Textes Pyrotechnik schon mal selbst erlebt: ob als Element bei einer Choreo, als spontane Reaktion auf ein Tor oder als konzentrierte Aktion, um den Block zum Leuchten zu bringen – nahezu alle Stadionbesucher recken die Köpfe und schauen sich das Spektakel an. Nicht Wenige greifen nach ihrem Telefon oder ihrer Kamera, um das Ganze auf Fotos oder Videos festzuhalten. Einige klatschen, andere schauen mit „leuchtenden Augen“ hin und wieder andere steigen urplötzlich mit in die Gesänge ein. Der Stimmungskern wird auch so etwas lauter. Erst danach kommt die Ernüchterung: „Das kostet doch alles Geld!“. Schnell folgt der Euphorie oder zumindest der Begeisterung ein schaler Beigeschmack. Und genau hier lohnt es sich anzusetzen. Wie kann es sein, dass etwas, das von der Mehrheit der regelmäßigen Stadionbesucher mindestens toleriert wird, von Medien und Verbänden ins negative Licht gerückt und mit derart hohen Strafen sanktioniert wird? Woher nehmen sich eigentlich die Verbände das Recht, zu entscheiden, was zur Fankultur dazugehören darf und was nicht?
Es gibt dabei unzählige Anknüpfungspunkte für Kritik am allgemeinen Verhalten der Verbände. Themen, die wir in den nächsten Wochen, Monaten und auch Jahren behandeln und tiefer beleuchten werden. Die Kritikebenen sind so vielfältig, dass ihnen nur eine exklusive Betrachtung gerecht wird. Um nur einige zu benennen:
- Abbrennen von Pyrotechnik bei Veranstaltungen des DFB – die Doppelmoral von guter Pyro und böser Pyro
- Intransparente Strafpolitik – was geschieht eigentlich mit den Strafgeldern? Was finanziert z.B. der DFB genau damit? Wären es karitative oder soziale Projekte, hätten sich die „Saubermänner“ wohl schon öffentlichkeitwirksam damit gebrüstet
- Strafe als (un)wirksames Mittel zur Pyrotechnikunterbindung im Fußball
- Bestrafung des Vereins: Auch hier schafft es der DFB ja nicht, sein eigenes „Heimspiel“ (das DFB Pokalfinale oder Länderspiele) abzusichern. Strafen für den Veranstalter? Fehlanzeige.
- Strafe unter dem Deckmantel der Prävention – Wie hoch ist der präventive Charakter der Verbandssanktionen?
- Gefahren der Kriminalisierung – Vermummung und ein enger Fanblock können vor Repressionen schützen, bergen aber auch vermeidbare Sicherheitsrisiken. Wie könnte ein Gegenentwurf aussehen?
- Vermarktung von Pyrotechnik – selbst Partner des DFB werben mit Bildern von Pyrotechnik in Stadion für ihre Produkte. Ganz so gewalttätig scheint es dann ja doch nicht zu sein.
Auch die Veränderung der Bewertung von Pyrotechnik wird auf diesem Blog noch Thema sein. Wer, wie der Verfasser, in den 1990er / 2000er-Jahren schon mit Fußball aufgewachsen ist, wird sich an Sendungen wie LaOlA erinnern. Wie Moderatoren dort von der „südländischen Atmosphäre“ bei Spielen in Italien geschwärmt haben. Oder wie bei anderen Sportveranstaltungen, etwa der Vierschanzentournee, Pyrotechnik von den gleichen Personen als etwas Alltägliches dargestellt wurde, die nach der Winterpause im Fußball wieder von Mord und Totschlag schwadronieren.
Ihr seht, es gibt genügend Themen rund um Pyrotechnik zu behandeln und zu beleuchten. Kommt mit uns z.B. am Spieltag am Stand der Blau-Gelb-Weißen Hütte ins Gespräch, verfolgt den Blog, schreibt eine Mail an unsere untenstehende Kontaktadresse und stellt auch gerne kritische Fragen. Und nein, wir wollen hier keinesfalls Angriffe mit Pyrotechnik auf andere Zuschauer (ob jüngst in Jena durch Cottbus oder bei den aktuellen Europapokalspielen) verharmlosen, rechtfertigen oder gutheißen. Pyrotechnik gehört in den Block und verantwortungsvoll gezündet. Ohne irgendjemanden – ob unbeteiligt oder beteiligt – auch nur im Ansatz in Gefahr zu bringen.
Wir freuen uns auf den regen Austausch mit euch!
Kontaktadresse: strafen_zuenden_nicht@riseup.net